Londons Abschiebedeal mit Ruanda ist eine zynische Farce

Menschen sollen abgeschoben werden - Regierung verstößt massiv gegen Rechte

Der britische Premier Rishi Sunak beim Verlassen seines Amtsitzes am ersten Mai (Bild: REUTERS/Chris J Ratcliffe)
Der britische Premier Rishi Sunak beim Verlassen seines Amtsitzes am ersten Mai. (Bild: REUTERS/Chris J Ratcliffe)

Auf der großen Insel angekommen, erfüllen einige der Geflüchteten eine große patriotische Aufgabe: Sie dienen dem britischen Premier und seinem Ziel, die eigene Partei bei den anstehenden Kommunalwahlen nicht allzu blöd dastehen zu lassen – so gesehen ein sehr weitreichender Schritt der Integration, nur nicht nachhaltig: Sie wurden zuhause in Handschellen genommen wie Straftäter und abtransportiert. Spätestens im Sommer sollen sie dann abgeschoben werden, und zwar nach Ruanda in Afrika. Warum?

Innenminister James Cleverly sagte, sein Haus arbeite daran, "rasch diejenigen Menschen festzunehmen, die kein Recht haben, hier zu sein, damit wir die Flüge starten lassen können". Was war ihr Vergehen? Sie kamen ohne Visum nach Großbritannien. Einfach so. Wie es Fliehende eben machen. Der fiese Trick der Tory-Regierung ist nun, dass nun nicht etwa in Ruanda ein Asylantrag geprüft wird, ob sie dann doch nach Großbritannien einreisen dürfen – sondern, ob sie in Ruanda bleiben dürfen. Diese komische Art von Großzügigkeit soll offensichtlich abschrecken.

Die Regierung in London steht vor der Wand. Die Umfragewerte der Konservativen krächzen im Keller, die Bevölkerung scheint die Eskapaden satt zu haben, vor allem das Desaster des Brexits, mit dem die Briten aus der EU austraten und damit nur negative Konsequenzen erlebten, vor allem wirtschaftliche. Um davon abzulenken, will das Kabinett demonstrieren, dass sie irgendetwas tut, also Leute rausschmeißt. Dem eigenen Land erweist es damit keinen Dienst. Und ein Vorbild für Europa geben sie damit auch nicht ab.

Zum einen ist die Zahl der illegal Einreisenden überschaubar. Und zum anderen zahlt London der ruandischen Regierung einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe, damit sie die Leute aufnimmt. Ruanda entwickelt sich damit nicht zum Vorhof Englands, sondern zur Sackgasse. Die Torys scheren sich nicht mehr um das Recht auf Asyl. Menschenrechte interessieren sie nicht. Das mögen sie mit der angeblichen Rettung des Abendlandes begründen, aber wer genau hinschaut: In Gefahr ist es nicht. Nur die Fortdauer der Regierung. Und daher umgeht sie einen Spruch des obersten britischen Gerichtshofs, der seine Zweifel anmeldete, und erklärte Ruanda zum sicheren Drittstaat per Gesetz; nun kann das Gericht diese "Maßnahme" nicht mehr prüfen.

Es ist schon reichlich ignorant, dass die britische Regierung es als illegal und absolut unverzeihlich ansieht, wenn Fliehende einfach ihr Land ansteuern. Das ist das Wesen von Flucht. Und nehmen wir einmal an, Ruanda wird faire Asylverfahren realisieren, sich um die Leute kümmern und ihre Integration in den Arbeitsmarkt bemühen. Wer ist diese Regierung in London, Fliehenden vorzuschreiben, was sie zu wollen haben?

London geht es nur um das Symbol einer Abschottung, nicht um das Management von Migration. Man will weiter auf der Sonnenseite des Planeten leben, was ok ist. Aber dieses Luxusdeck ist nicht isoliert vom Rest. Das gaukeln die Tories ihren Wählern vor. Leute aber werden auch in fünf Jahren noch auf der Flucht sein. Auf Europa werden moralische Verpflichtungen zukommen, und wer sagt: Wir können nicht alle aufnehmen – der setzt entweder auf totale Festung oder überlegt sich Kompromisse und Lösungen. London dagegen denkt nur an die nächste Wahl. Verlieren wird sie sie dennoch.