Drogeriemarkt dm: Selbstironische Anzeige in der "Zeit"

Marketing mit politischer Note

dm fährt in einer Anzeige der aktuellen Zeit-Sonderausgabe eine selbstironische Marketing-Strategie (Bild: Getty Images)
dm fährt in einer Anzeige der aktuellen Zeit-Sonderausgabe eine selbstironische Marketing-Strategie (Bild: Getty Images)

Die Zeit widmet dem 75. Jubiläum der Bundesrepublik Deutschland, die im Mai begangen wird, am Samstag eine Sonderausgabe. Auf dem Titelblatt prangt eine Grafik mit Badelatschen und Bier sowie die verhalten feierliche Überschrift "Glückwunsch, Deutschland?" Für eine Werbeanzeige ist selbst auf dem Titelblatt einer solchen politisch gewichtigen Sonderausgabe, die nicht einfach nur ein Jubiläum feiert, sondern zugleich auch die deutsche Demokratie, Verfassung und Abkehr von vergangenen, nationalistischen Staatsformen, offenbar noch Platz.

Doch die Drogeriekette dm, deren Anzeige mit krönender Platzierung auf beiden Seiten des Zeit-Logos sofort ins Auge sticht, hat sich für die Bundesrepublik-Sonderausgabe etwas Besonderes ausgedacht und setzt auf Zurückhaltung - und Selbstironie.

Kauft unsere Artikel? Nein, schützt lieber die im Grundgesetz, plädiert dm in einer außergewöhnlichen Anzeige in der Zeit (Bild: Die Zeit)
Kauft unsere Artikel? Nein, schützt lieber die im Grundgesetz, plädiert dm in einer außergewöhnlichen Anzeige in der Zeit (Bild: Die Zeit)

"Die wirklich wichtigen Artikel stehen nicht bei dm...", beginnt die Anzeige auf einer Seite, um auf der anderen fortzufahren: "... sondern im Grundgesetz." Ein Marketing-Gag, ganz klar, aber auch ein Verweis darauf, was wirklich zählt in einer Zeit, in der viele Menschen Grundpfeiler der Gesellschaft wie Verfassung, Demokratie und eben das Grundgesetz, in dem diese verankert sind, gefährdet sehen oder - noch schlimmer - aus den Augen verlieren. Da wird dann sogar der Konsum-Kampf zurückgesteckt, Werbestrategie auf den Kopf gestellt und lieber beim Thema geblieben.

Dass dieses kein leichtes ist, ist auch der Zeit selbst bewusst, deren Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in der aktuellen Ausgabe bemerkt, dass von Festtagsstimmung "wenig zu spüren" ist inmitten vom Erstarken rechtspopulistischer Politik, der daraus resultierenden Gefährdung des bürgerlichen Zusammenhalts und zunehmender Bedrohung der Pressefreiheit. "Es hilft aber kein Beschwören des Absturzes – eher bräuchte es ein neues Richtfest für die Demokratie", betont er. Die Zeitung fokussiert sich in ihrer Sonderausgabe deshalb nicht nur auf das, was sich ändern muss, sondern auch auf das, was bleiben soll. Auf Rang 1 der Liste jener 75 Dinge, an denen wir festhalten sollten: das Grundgesetz, wie es selbst in der dm-Anzeige in den Fokus gerückt wird.

Es ist nicht das erste Mal, dass dm mit der Politik liebäugelt. In einer kürzlichen Pressemeldung zeigt sich Christoph Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung bei dm, breit lächelnd an der Seite von Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission. Vorgestellt wurde hierbei die Aktion, Mitarbeitenden, die sich als Wahlhelfer engagieren, die hierbei geleisteten Stunden anzurechnen. "Die Stärkung der Demokratie ist ein Gebot der Stunde", erklärte Werner. Zu Zeiten der Corona-Pandemie hatte man zudem den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn in eines der Schnelltest-Zentren eingeladen, die dm errichtet hatte.

Als Teil des großen, ganzen Firmenkonzepts scheint dieses politische Engagement aufzugehen. Immer wieder landet dm auf der Rangliste der beliebtesten Marken Deutschlands ganz vorne. In der jüngsten Umfrage von YouGov für das Jahr 2023 schaffte es die Drogeriekette auf den zweiten Platz, hinter Paypal und vor Lego.